Autorenseite René Bote

Treffpunkt bei Sonja

Cover des Buchs Treffpunkt bei Sonja
1. Januar 2020
35
978-3750428027
Books on Demand

Auf einer Rad­tour im Herbst ent­deckt Philine einen ver­steckten Garten, um den sich anschei­nend seit Ewig­keiten niemand mehr ge­kümmert hat. Eigent­lich könnte ihr das egal sein, aber die Frage, wem der Garten gehört, lässt sie nicht mehr los. Zusam­men mit ihrer besten Freundin Annika beginnt sie zu er­mitteln und deckt eine traurige Ge­schichte auf. Kann sie diese Ge­schichte nach all der Zeit doch noch zu so etwas wie einem glück­lichen Ende führen?

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Autorenplauderei 1: Bild­fund als Keim­zelle der Ge­schichte

Die Ent­stehung von Treff­punkt bei Sonja wurde maß­geblich vom Zufall begüns­tigt. Es kommt immer wieder vor, dass ich auf der Suche nach Bildern für ein Cover auf Fotos stoße, die ich zwar aktuell nicht brauchen kann, die mir aber trotz­dem aus dem einen oder anderen Grund gefallen. In solchen Fällen speichere ich mir den Link, und inzwi­schen habe ich schon eine recht üppige Samm­lung. Ab und an klicke ich mal einen Link an – was war das noch mal? Auf diese Weise bin ich wieder auf das Bild ge­stoßen, das jetzt das Cover dieses Buchs ziert, und ich hatte direkt eine Idee, was man dazu schreiben könnte.

 

Autorenplauderei 2: Die Namen der Figuren

Jedes Buch (die eine oder andere Fort­setzung mal ausge­nommen) stellt mich vor die Heraus­forde­rung, die Charak­tere zu be­nennen. In der Regel denke ich mir die Namen einfach aus, und warum mir dabei be­stimmte Namen ein­fallen, kann ich selbst nicht so genau sagen. Wenn sich jemand mit seinem Namen in meinen Büchern wieder­findet, dann ist das also reiner Zufall, es sei denn, ich erwähne zum Bei­spiel einen Buch­autor, dessen Buch in meiner Ge­schichte jemand liest, oder einen Musiker, dessen Konzert jemand besucht. Meistens recher­chiere ich auch nicht groß­artig, ob es eine Person mit dem betref­fenden Namen gibt, aber ich schätze, dass ich doch ziem­lich häufig einen Namen er­wische, den irgendwo ein Mensch trägt oder getragen hat; das könnte man wohl nur ver­meiden, indem man Namen nimmt, die kein Mensch mehr aus­sprechen kann, und wenn ich mir ansehe, was für Namen mir schon unter­gekommen sind, könnte ich wohl auch eine Katze über die Tasta­tur laufen lassen und dürfte trotz­dem nicht sicher sein.

Inso­fern stellt dieses Buch eine kleine Aus­nahme dar. Sonja hätte eigent­lich ganz anders heißen sollen, ich habe den Namen geändert, nachdem ich den ursprüng­lichen doch ausnahms­weise ge­googelt und dabei eine Spie­lerin aus den deutschen Frauen­fußball-U-National­mann­schaften gefunden habe.

Es war der letzte Sonntag im November, aber irgendwie fühlte es sich mehr nach Frühjahr an. Der Himmel war blau, die Sonne schien, und es war auch gar nicht so kalt. Am Morgen waren die Scheiben der Autos am Straßenrand zwar mit einer dünnen Eisschicht überzogen gewesen, aber die ersten Sonnenstrahlen hatten den Reif schnell aufgetaut.

Für kein Geld der Welt hätte Philine bei diesem schönen Wetter drinnen hocken mögen. Sie war zehn und am liebsten immer da, wo richtig was los war. Sie spielte Hockey im Verein, in den Schulpausen Tischtennis und war auch sonst viel draußen unterwegs.

Meistens war ihre beste Freundin Annika dabei. Sie ging in die gleiche Klasse und war auch in der Hockeymannschaft. An diesem Tag hatte Annika aber keine Zeit, und die Freundinnen, die Philine sonst noch hatte, entweder auch nicht, oder sie durften sonntags nicht raus.

Deshalb hatte Philine ihren Eltern die Erlaubnis abgerungen, allein eine Radtour zu machen. Die Route hatte sie selbst ausgewählt und sich dabei ganz schön was vorgenommen. Von Kirchende aus nach Herdecke rein, die Ruhr entlang bis zum Hengstey-See, um den See herum und wieder zurück, an die 20 Kilometer waren das bestimmt. Aber durch den Sport hatte Philine viel Kondition, Sorgen, dass sie unterwegs völlig erschöpft vom Rad fallen würde, musste man sich bei ihr nicht machen.

Sie war zeitig losgefahren, denn ihre Eltern wollten, dass sie vor Einbruch der Dunkelheit zurück war. Es war ungefähr halb vier, als sie von der Straße abbog auf einen Fußweg, der durch ein kleines Waldstück führte, und sie schätzte, dass sie noch eine Viertelstunde brauchen würde, bis sie wieder zu Hause war.

Für ihre Blase drohte das aber schon zu viel zu werden. Sie hielt schon eine ganze Weile Ausschau nach einem Busch, hinter dem sie kurz verschwinden konnte, aber bisher hatte sie kein Glück gehabt. Um diese Jahreszeit hatten die meisten Büsche keine Blätter mehr, und hinter den kahlen Ästen konnte man sich nicht verstecken.

Kurz nachdem sie in den Wald hineingefahren war, zweigte rechts ein schmaler Pfad ab. Es war kein richtiger Weg, nur ein Trampelpfad, vielleicht ausgetreten von Spaziergängern, die ein Stück abkürzen wollten. Philine bremste und lenkte das Rad auf den Pfad. Sie hatte ein Tourenrad mit breiten Reifen, da war der unebene Untergrund kein Problem. Wenn sie hinter der nächsten Kurve abstieg und sich dann ein paar Meter abseits des Pfads hinter einen Baum hockte, dann konnte sie wohl einigermaßen sicher sein, dass niemand sie sehen würde.

Nachdem das erledigt war, beschloss sie, dem Pfad noch ein Stück weit zu folgen. Sie war einfach neugierig, und hundert Meter oder so würden schon nicht gegen das Verbot der Eltern verstoßen, einen anderen Weg zu nehmen als den, der vorher besprochen worden war. Zeit hatte sie noch genug, auch wenn es bald beginnen würde zu dämmern.

Der Pfad schlängelte sich zwischen den Bäumen durch zum Waldrand. Dahinter schlossen sich Weiden an, und weiter entfernt waren Häuser zu sehen. Philine fand das nicht besonders interessant, und weiter sollte sie besser nicht fahren.

Sie wendete ihr Fahrrad, was auf dem schmalen Pfad nicht ganz einfach war. Das Vorderrad verhedderte sich in einer Wurzel, die aus dem Boden ragte, und Philine musste sich bücken, um es zu befreien. Gerade als sie sich wieder aufrichten wollte, entdeckte sie etwas: Durch eine Lücke im Gebüsch war ein Metallgitter zu sehen, es sah aus wie ein Gartentor.

Nanu, was war das denn? Philine kniff die Augen zusammen, aber davon konnte sie auch nicht mehr erkennen. Die Lücke zwischen den Zweigen war einfach zu klein, und Philine konnte nicht mehr sehen als ein paar offenbar geschmiedete und überwucherte Metallstäbe. Ein alter Bergwerksstollen? Sie hatte schon in der Grundschule gelernt, dass die ganze Region sozusagen mehrfach unterkellert war vom Kohleabbau. In jeder Stadt hatte es mindestens eine Zeche gegeben, manche davon waren heute Museen. Ob es genau hier, wo sie jetzt stand, Bergbau gegeben hatte, wusste sie nicht, aber möglich war’s. Man konnte ja mal nachgucken, das kostete nichts außer einem bisschen Zeit, und die hatte sie immer noch.