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Die Klassenfahrt bringt es ans Licht: Emil kann gar nichts dafür, dass er so schüchtern ist. Wie soll er denn mit den anderen mithalten, wenn seine Mutter ihm vor lauter Sorge alles verbietet? Smilla beschließt, ihm zu helfen, und überzeugt ihre Freunde, ihn mitzunehmen in den Wald, wo sie gemeinsam einen Unterstand bauen wollen. Dass Emils Mutter entschieden dagegen ist, liegt auf der Hand …
Die Klassenfahrt würde eine Katastrophe werden, hatte Smillas Mutter prophezeit. Eine Jugendherberge im hintersten Zipfel von Nirgendwo, wo man absolut nichts machen konnte, so hatte sie es beschrieben. Ganz am Anfang des Schuljahrs war das gewesen, als beim ersten Elternabend das Ziel der Klassenfahrt im Frühjahr verkündet worden war.
Sie hatte dasselbe Gymnasium besucht wie Smilla, und schon damals waren die 5. Klassen im Frühjahr für eine Woche weggefahren. Es ging nicht immer in dieselbe Jugendherberge, sehr groß war die Bandbreite aber nicht. Damals wie heute galt, dass Hin- und Rückfahrt nicht viel mehr als eine Stunde dauern sollten, das schränkte die Auswahl deutlich ein. Dass Smilla mit ihrer Klasse in derselben Jugendherberge war wie ihre Mutter 25 Jahre zuvor, war also Zufall, aber ein von den Rahmenbedingungen begünstigter.
In einer Hinsicht hatte Smillas Mutter recht: Die Jugendherberge lag ziemlich einsam. Die Ortschaft, zu der sie gehörte, war ein Dorf, und die Herberge selbst war noch einmal reichlich einen Kilometer davon entfernt. Der nächste Nachbar war ein Bauernhof, die Zufahrt dorthin und zur Herberge gabelte sich auf halber Strecke. Das Haus lag am Waldrand, eine große Wiese gehörte dazu.
Doch dass die Jugendherberge nichts zu bieten hatte außer einem Grillplatz, den man nach Absprache mit den Herbergseltern an einem Abend benutzen durfte, mochte vor 25 Jahren gestimmt haben; heute stimmte es nicht mal mehr ansatzweise. Seit Smillas Mutter zum ersten Mal auf Klassenfahrt gewesen war, hatte sich viel verändert: Die Schlafsäle mit vier oder sechs Doppelstockbetten waren hell und freundlich eingerichteten Vier-Bett-Zimmern gewichen, und die Verpflegung ließ nichts zu wünschen übrig. Im Aufenthaltsraum hatten die Herbergseltern eine kleine Bibliothek eingerichtet, draußen luden drei Tischtennisplatten und ein Bolzplatz zu sportlicher Betätigung ein. Auch ein Grillplatz war vorhanden, ob es noch derselbe war wie zu der Zeit, als ihre Mutter hier gewesen war, wusste Smilla nicht. Am letzten Abend sollte gegrillt werden, das hatte der Klassenlehrer schon geklärt, und es hatte nicht so ausgesehen, als wäre das mit viel Diskussion verbunden gewesen.
Doch soweit war es noch nicht, die Klasse war erst den zweiten Tag da. Am ersten Nachmittag hatten sie eine Wanderung gemacht, unter Führung ihres Biologielehrers, der ihnen viel über die Tier- und Pflanzenwelt der Gegend gezeigt hatte. Ein paar von Smillas Klassenkameraden hatten genölt, sie wären doch auf Klassenfahrt, da dürfte es keinen Unterricht geben, doch Herr Übach hatte sich nicht aus der Ruhe bringen lassen. Er kannte schließlich seine Pappenheimer, und die Nörgler waren auf dem Holzweg, wenn sie dachten, die Klassenfahrt wäre nur zum Entspannen da. Davon abgesehen hatte Smilla vieles, was er ihnen gezeigt hatte, durchaus spannend gefunden. Er hatte Zusammenhänge hergestellt zum Alltag der Kinder, über tierische und botanische Überlebenskünstler gesprochen und viele Kleinigkeiten veranschaulicht, die man sonst gar nicht so wahrnahm.
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Der nächste Nachmittag zeigte, dass Herrn Übachs Vortrag nicht völlig an allen vorbeigegangen war. Herr Gädke, der Klassenlehrer, hatte die Kinder nicht komplett verplant, er wusste, dass das Verhältnis stimmen musste zwischen Programm und Freizeit. Deshalb war die Klasse nicht erst kurz vor dem Abendessen von ihrem Ausflug in die Jugendherberge zurückgekehrt, sondern schon im Lauf des Nachmittags. Nach dem Abendessen würde es für die, die wollten, ein Tischtennis-Turnier geben, vor dem Essen gab es kein Programm mehr.
Smilla saß mit ein paar anderen am Grillplatz. Ihre beste Freundin Simone war dabei, Dilara, Dilaras Zwillingsbruder Firat und dessen bester Freund Hendrik. Gemeinsam schauten sie sich auf Firats Handy Videos an; Firat hatte einen Youtuber entdeckt, der sich mit Survival beschäftigte. Das passte irgendwie zur Wanderung vom Vortag.
„Lass mal machen!“, rief Hendrik spontan. Im aktuellen Video wurde gezeigt, wie man sich mit einfachen Mitteln einen Unterschlupf bauen konnte, der Schutz vor Wind und Regen bot. Das sah gar nicht schwer aus, und man brauchte nicht einmal Werkzeug dafür.
Smilla war nicht sicher, ob zu Hause alle darauf angesprungen wären. Vielleicht hätten sie Angst gehabt, uncool rüberzukommen, wenn sie im Wald Hütten gebaut hätten. Aber hier war alles etwas lockerer, und wenn alle mitmachten … Smilla brauchte jedenfalls keine Sekunde zu überlegen, und auch die anderen zögerten nicht. Einfach mal was ausprobieren, die Herausforderung annehmen und schauen, ob sie es konnten. Die Sache sah zwar einfach aus, aber vielleicht wurde es doch knifflig, wenn es wirklich stabil und natürlich auch dicht sein sollte.