Plattfuß? Das hat Tilo gerade noch gefehlt! Nach Hause schieben, und dann wird die Reparatur auch eine Stange Geld kosten. Oder? Dank Noelia aus der Parallelklasse kann er sich zumindest das Geld sparen. Doch dabei wird auch klar: Die Heftzwecke hat er sich nicht zufällig in den Reifen gefahren. Die Suche nach dem Saboteur beginnt …
Der Gong nach der siebten Stunde hauchte Tilo wieder Leben ein. Seine 7c hatte in der letzten Stunde Physik gehabt, alles andere als Tilos Lieblingsfach. Er beeilte sich mit dem Einpacken, verließ mit den Kameraden den Klassenraum und ging zur Treppe. Im Erdgeschoss bog er ab, während die meisten dem Haupteingang zustrebten, um zur Bushaltestelle zu gehen, ging er zur Treppe ins Untergeschoss. Er wohnte nicht so weit weg von der Schule, er hatte zwar eine Fahrkarte, schon für den Fall, dass das Wetter schlecht war, aber wenn das Wetter mitspielte, fuhr er lieber mit dem Fahrrad. Zeitlich war das kein Nachteil, mit dem Bus musste er umsteigen.
Im Untergeschoss gab es einen abgeteilten Bereich, in dem die Fahrräder geparkt werden konnten. Das war auf jeden Fall sicherer als ein Schuppen auf dem Hof, wo jeder dran gekonnt hätte, um ein Fahrrad zu stehlen. Absolute Sicherheit bot natürlich auch der Keller nicht, weil er tagsüber nicht abgeschlossen war; sonst hätten die Kinder und Jugendlichen ja ihre Fahrräder nicht einstellen und später wieder abholen können. Aber Tilo war noch nie zu Ohren gekommen, dass ein Fahrrad aus dem Keller weggekommen oder mutwillig beschädigt worden wäre.
Zumindest bis zu diesem Tag war das so gewesen, doch als er sein Rad erreichte, sah er sofort, dass der Reifen am Hinterrad platt war. Na toll! Hatte sich da jemand einen Scherz erlaubt und die Luft rausgelassen?
Brummelnd nahm Tilo die Luftpumpe aus der Halterung am Rahmen und schraubte die Kappe vom Ventil. „Das wird kaum klappen!“, sagte plötzlich eine Stimme neben ihm. Er schaute auf und sah, dass Noelia aus der 7b zwei, drei Plätze weiter ein Citybike loskettete. Sie kannten sich, weil sie zusammen Reli hatten, seit der Fünften, und seit Anfang des Schuljahres auch Französisch.
„Wieso?“, fragte er verdutzt. „Weil die Luft da gleich wieder rausgeht“, erklärte Noelia und deutete auf eine bestimmte Stelle am Reifen. Tilo beugte sich vor, um besser sehen zu können, und entdeckte dann auch den metallischen Glanz, der Noelia direkt ins Auge gefallen war: eine Heftzwecke, die am Rand des Profils im Mantel steckte. Also doch kein blöder Streich, sondern entweder Pech oder ein wirklich saublöder Streich. Die Luft aus dem Reifen zu lassen, war schon nur eingeschränkt witzig, den Reifen dabei zu beschädigen, überhaupt nicht mehr.
Er pulte die Heftzwecke aus dem Reifen und drückte sie so auf den Betonboden, dass der spitze Stift umknickte. Als er sicher war, dass sich niemand mehr daran verletzen konnte, warf er die Zwecke in den Mülleimer neben der Tür. Dann griff er wieder zur Luftpumpe. „Was hast du vor?“, wunderte Noelia sich. „Aufpumpen“, antwortete Tilo knapp, während er die Pumpe aufs Ventil setzte und verbissen zu pumpen begann. „Ich muss doch irgendwie nach Hause kommen.“ „Das wird nichts“, meinte Noelia. „Ich weiß zwar nicht genau, wie weit du’s hast, aber das hält keine hundert Meter, bis der Reifen wieder total platt ist.“ Tilo zuckte unwillig mit den Schultern. „Und was soll ich bitteschön sonst machen?“, fragte er. „Wenn ich laufe …“ „Schon klar“, gab Noelia zu. „Aber dann musst du notfalls den Bus nehmen. Mit dem Platten bist du auf jeden Fall nicht schneller, als wenn du läufst. Du brauchst nun mal mehr Kraft, wenn der Reifen nicht richtig aufgepumpt ist, und wenn du dann an jeder Ecke erst mal stehen bleiben musst, um wieder zu pumpen … Das kannst du echt vergessen. Außerdem machst du dir den Reifen kaputt damit.“