Autorenseite René Bote

11 spielen international

Cover des Buchs 11 spielen international
13. Juni 2016
103
978-3741209024
Books on Demand

Wegen ihrer schlechten Franzö­sisch-Note wird Sophie für die ganzen Oster­ferien nach Frank­reich ge­schickt. Ein Glück, dass ihre Gast­schwester Elodie genauso fußball­be­geistert ist wie sie und sie mit zum Trai­ning nimmt!

Die Mädchen vom AS St. Martin sind eine starke Mann­schaft, aber Sophie hält gut mit. Als sie die Heim­reise antritt, hat sie als Über­raschung für ihre Freun­dinnen eine Ein­ladung zum Turnier des AS in der Tasche. Ein ver­längertes Wochen­ende mit der ganzen Mann­schaft in Frank­reich – kann es einen besseren Saison­ab­schluss geben, eine schönere Abschieds­vor­stellung für die fünf Kamera­dinnen, die jetzt zu den Damen wechseln müssen? Aber es ist auch eine große Heraus­forde­rung, denn das Teil­nehmer­feld des Turniers ist stark besetzt, und keine andere Mann­schaft hat so junge Spiele­rinnen dabei wie Sophies. Sophie und ihre Freun­dinnen müssen die ersten Rück­schläge schnell weg­stecken und sich zurück­kämpfen, sonst ist für sie das Turnier vorbei, noch ehe es richtig begonnen hat.

E-Book €1,49

Diese Geschichte ist Teil des ersten Sammelbandes zur Serie.

Wer sich den Turnier­verlauf genauer zu Gemüte führen will, findet hier den Spiel­­plan für die Vor­runde. Aber Vor­sicht: Spoiler-Alarm!

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Das Buch gehört zur Serie Die Ballfreunde-Mädchen

Autorenplauderei: Warum Frank­reich?

Es gibt Ge­schichten, für die der Handlungs­ort nur eine unter­geord­nete Rolle spielt. In gewisser Weise gehört auch 11 spielen inter­national dazu; die Hand­lung hätte in jedem Land funk­tioniert, in dem Mädchen­fußball gespielt wird. Warum also Frank­reich?

Nein, ich habe mir keine Land­karte an die Wand gehängt und einen Dart­pfeil geworfen. Viel­mehr haben zwei Faktoren den Aus­schlag gegeben, nämlich die Sprache und die Erreich­barkeit.

Da der Aus­löser ja ein Auslands­aufent­halt ist, zu dem Sophie wegen der schlech­ten Note in der Schule ge­schickt wurde, musste es zunächst mal ein Land sein, in dem eine Sprache ge­sprochen wird, die am Gymna­sium schon früh unter­richtet wird. Das ließ mir die Wahl zwischen Eng­lisch und Franzö­sisch, da andere Sprachen über­wiegend erst ab der Mittel­stufe unter­richtet werden, Sophie also noch gar nicht so lange Unter­richt haben könnte, dass eine Reise wie die beschrie­bene sinn­voll sein könnte.

Der zweite Faktor war dann die Anreise, denn Elena musste ja die Eltern davon über­zeugen, die Reise der Mann­schaft zu erlauben und zu bezahlen. Das konnte sie nur, wenn sich die Kosten einiger­maßen im Rahmen hielten, gerade die Fahr­karten durften im Ver­hältnis zur Kürze der Reise nicht zu teuer sein. Da hatte der Hüpfer über die Grenze nach Frank­reich (aus Sophies Heimat im Ruhr­gebiet immer noch weit genug) den Vorzug vor der Reise nach London erhalten, die wegen der nötigen Fähr- oder Euro­shuttle­fahrt sicher­lich teurer geworden wäre.

Meine Leistungen in Französisch lassen in diesem Schuljahr stark zu wünschen übrig. Ich stehe noch über dem Strich, und ich glaube nicht, dass ich bis zum Sommer noch auf eine Fünf abrutschen werde, aber zufriedenstellend ist eine Vier natürlich auch nicht.

Mama und Papa haben sich gewundert, als sie das Halbjahreszeugnis gesehen haben. Seit ich in der Siebten mit Franze angefangen hab, hab ich eigentlich immer auf einer Zwei gestanden, und jetzt gleich zwei Noten runter? Dass die Arbeiten nicht mehr so toll waren, haben Mama und Papa natürlich auch gesehen, aber das war immerhin mit zwei Dreien und zwei Vieren noch dazwischen. Natürlich haben sie erwartet, dass ich mit dem Mündlichen noch auf eine Drei komme, aber da war Frau Kuhmann vor, bei der ich seit Anfang des Schuljahres Franze hab. Die ist echt die schlechteste Lehrerin, die ich je gehabt hab: Meistens gehetzt, sie spricht wie ein Leierkasten, und der letzte, der sie hat lächeln sehen, muss schon lange tot sein. Ich versuch ja aufzupassen, aber den monotonen Monologen kann ich einfach nicht mehr als zwei Minuten zuhören, ohne dass meine Gedanken auf Wanderschaft gehen. So ist an eine gute mündliche Note natürlich nicht zu denken.

Mama und Papa haben wohl irgendwo Verständnis, aber keinen echten Rat. Frau Kuhmann einen Schubs geben zu wollen, damit sie mal gescheiten Unterricht macht, ist zwecklos; die geht in zwei Jahren in Pension und wird sich bestimmt nicht mehr ändern. Also muss ich mich irgendwie aufraffen, aber wie, zum Henker? Stellt die Kuhmann in eine Massenschlägerei mit hundert Leuten, und ich garantiere euch, in zwei Minuten hat sie alle in den Schlaf geleiert!

Das Ende vom Lied ist, dass ich meine Osterferien abhaken kann. Meine Eltern halten die Lösung, mich zum Schüleraustausch nach Frankreich zu schicken, für naheliegend. Ich halte es eher für eine Verzweiflungstat, die nichts, aber auch gar nichts bringen wird. Ich bin ja schließlich nicht zu blöd, um den Stoff zu lernen, ich kann mich bloß nicht motivieren, und daran werden zwei Wochen in Frankreich nichts ändern.

Doch die Entscheidung ist unumstößlich, Widerstand zwecklos. Mama und Papa waren sich schnell einig, und dann hat meine Tante ihnen auch noch erzählt, wie toll doch meine Cousine Beatrix letzten Sommer die drei Wochen in England gefunden hat, und wie viel besser danach ihre Englischnote geworden ist. Dabei hat Bea hauptsächlich ausgenutzt, dass sie außer Reichweite ihrer Mutter, die sie nur ungern abends weglässt, schön Party machen konnte, und den Sprachkurs am Vormittag so gut wie möglich vermieden. Dass ihre Englischnote trotzdem besser geworden ist, liegt schlicht daran, dass sie im neuen Schuljahr eine andere Lehrerin gekriegt hat, die weniger streng benotet.

Aber das behalte ich lieber für mich. Erstens will ich Bea nicht in die Pfanne hauen, und zweitens könnte ich mir damit auch ein Eigentor schießen. So streng wie Beas Mutter sind meine Eltern zwar nicht, aber wenn sie hören, was da abgegangen ist, könnten sie doch kalte Füße kriegen. Entweder stellen sie mir eine Gouvernante auf die Füße, die auch das letzte bisschen Spaß noch verbietet, oder sie blasen den Austausch ab und ich darf mich dafür bis zum Sommer mit einer vertrockneten Nachhilfelehrerin abgeben.

Wenigstens kann ich durchsetzen, dass ich mein Französisch nur in der praktischen Anwendung trainieren muss. Dass ich zu allem Überfluss auch noch jeden Vormittag in eine Sprachschule muss, so als hätte ich gar keine Ferien, kann ich zum Glück abbiegen. Ich muss nicht mal lange diskutieren dafür, meine Eltern sehen wohl ein, dass sie damit meine Abneigung gegen Frau Kuhmann und ihren Unterricht nur noch verstärken würden.

***

Damit eine passende Gastfamilie für mich gefunden werden kann, muss ich einen langen Fragebogen ausfüllen. Ich brauche fast eine halbe Stunde dafür, Name, Alter, Geschlecht, Hobbys, Einschränkungen beim Essen, Früh- oder Spätaufsteher… Nicht immer erschließt sich mir auf Anhieb, wozu die Antwort gut sein soll, und bei einigen Fragen bin ich mir auch nicht sicher, ob sie so gemeint sind, wie ich sie verstehe.

Nachdem ich den Fragebogen abgeschickt habe, heißt es warten, es wird wohl eine Weile dauern, bis ich erfahre, wohin ich komme. Die Organisation, bei der meine Eltern mich angemeldet haben, vermittelt ihre Kunden nach ganz Frankreich, und ich hab das Feld, wo man seine Wunschstadt oder -region angeben konnte, bewusst freigelassen. Wenn die Gastfamilie nicht passt, dann nutzt mir die schönste Landschaft nichts, deshalb will ich da nichts einschränken.

***

Es dauert bis Mitte Februar, ehe ich erfahre, was – beziehungsweise wer – mich in den Osterferien erwartet. Ich komme von der Schule nach Hause und finde auf dem Küchentisch einen Brief aus einem kleinen Dorf in der Nähe von Nancy. Die Absenderin heißt Elodie Maréchal und ist knapp sechzehn. Was sie schreibt, hört sich nett an, und das beigelegte Foto zeigt ein dünnes, aber hoch aufgeschossenes Mädchen mit Brille und braunem Haar, das fast bis zum Po reicht. Sieht so aus, als könnte man mit ihr auskommen, und ich freue mich, als ich lese, dass sie wie ich im Fußballverein ist.

Verfasst ist der Brief auf Deutsch, denn Elodie lernt die Sprache seit fast vier Jahren in der Schule, also länger als ich Französisch. Ich schreibe natürlich auf Französisch zurück, und der Brief geht mir flott von der Hand. Was ich bei Frau Kuhmanns Vorgängerin gelernt habe, ist immer noch da, und dass ich am Anfang nicht genau weiß, was ich überhaupt schreiben soll, hält mich viel mehr auf als die Suche nach einer Handvoll fehlender Vokabeln.

Meine Eltern sehen nicht sehr glücklich aus, als ich ihnen erzähle, wer meine Gastfamilie ist. Sie freuen sich zwar, dass die Organisation offensichtlich eine gute Gastgeberin für mich gefunden hat, machen sich aber Sorgen, ob der Austausch so die gewünschte Wirkung hat. Sie hatten gehofft, dass ich irgendwo nach Paris kommen würde, wo das gesprochene Französisch näher an meinem Schulfranzösisch ist, und in eine Gastfamilie, in der niemand Deutsch spricht, damit ich mich nicht doch irgendwie ohne Französisch durchmogeln kann.

***

Beim nächsten Training frage ich meine Trainerin, was ich machen muss, um während der Ferien bei Elodies Mannschaft mittrainieren zu dürfen. Elodie hat geschrieben, dass sie mich gern mit zum Training nehmen würde, und wenn ich dann nur zuschauen dürfte, dann würde ich kaputtgehen. Elena wird mir keine Steine in den Weg legen, sie kennt mich schließlich, seit ich nach meiner E-Jugend-Zeit in die Mädchenmannschaft gekommen bin, und weiß, was sie mir damit antun würde. Allerdings ist sie für den Moment überfragt, das ist nicht der Standardfall, wo jemand mal eine Freundin mit zum Training bringt, deshalb kann sie mir so spontan auch nicht sagen, ob eine schriftliche Erlaubnis von ihr oder vom Jugendvorstand überhaupt ausreicht. Wenn ich Pech hab, dann muss das über den DFB gehen, dann kann ich das gleich vergessen; das wäre ein Weg durch etliche Mühlen, die viel zu langsam mahlen, als dass die Genehmigung noch rechtzeitig kommen würde.