Der Traum ihres Vaters verschlägt Stadtkind Emma in ein Bergdorf in Südtirol: In St. Vinzent können ihre Eltern eine Hutmacher-Werkstatt übernehmen. Emma kommt kaum zum Luftholen, so viel Neues prasselt auf sie ein, und sie vermisst die Freundinnen, die sie zurücklassen musste. Immerhin lassen die Eltern ihr mehr Freiheiten als vorher in der Stadt, doch gleich ihre erste Alm-Wanderung droht zu einem Desaster zu werden.
„Der Retter im Regen“ ist der erste Band der Reihe um die elfjährige Emma, die es aus dem Ruhrgebiet in die südtiroler Alpen verschlägt, mit allen Herausforderungen, die das mit sich bringt.
Autorenplauderei: Sprachverwirrung
In der Geschichte zieht Emma nach Südtirol. Neben vielen anderen Dingen, an die sie sich gewöhnen muss, wird eine Herausforderung die Sprache sein. Im Alltag wird sich das nicht so bemerkbar machen, denn obwohl Südtirol seit 1919 zu Italien gehört, sprechen immer noch mehr als zwei Drittel der Bewohner von Hause aus Deutsch. Da der Anteil italienischer Muttersprachler innerhalb Südtirols von Süden nach Norden abnimmt, dürfte Emma in St. Vinzent nur wenige Menschen treffen (Touristen ausgenommen), deren Muttersprache Italienisch ist, und die wenigen dürften meistenteils auch genug Deutsch verstehen, um sich mit ihr zu verständigen. Das liegt nicht zuletzt daran, dass alle Kinder in der Schule die jeweils andere Sprache lernen müssen: also die Kinder, die eine deutschsprachige Schule besuchen, Italienisch, und umgekehrt. Was im Alltag für Emma recht hilfreich sein könnte, dürfte ihr in der Schule aber Schwierigkeiten bereiten, denn in der alten Schule hat sie Englisch gelernt. Sie muss sich also ranhalten, um beizeiten halbwegs auf den gleichen Stand zu kommen wie ihre Klassenkameraden, die schon länger Italienisch lernen.
Emma war den Tränen nah. Es war ihre allererste Wanderung in den Bergen, und die drohte gleich ein Fiasko zu werden. Nicht nur, dass es in Strömen regnete, Emma hatte sich auch noch hoffnungslos verlaufen.
Sie war elf und wohnte erst seit einer Woche in Südtirol. Geboren war sie in Dortmund, und dort hatte sie auch ihr gesamtes bisheriges Leben verbracht. Der Abschied war ihr alles andere als leicht gefallen, auch wenn sie irgendwie verstand, dass ihr Vater die Chance, die sich ihm in St. Vinzent geboten hatte, nicht hatte liegen lassen wollen.
Emmas Vater hatte Hutmacher gelernt; das war sein absoluter Traumberuf, aber keiner, in dem man so leicht ein Auskommen fand. Notgedrungen hatte er eine zweite Ausbildung zum Bürokaufmann gemacht, um seine Familie ernähren zu können, aber er hatte nie aufgehört, davon zu träumen, als Hutmacher zu arbeiten. Wie er von dem Hutmacherladen tausend Kilometer entfernt in den Alpen erfahren hatte, wusste Emma nicht, aber er hatte einen ganzen Abend mit dem Vorbesitzer telefoniert, und danach waren die Würfel gefallen gewesen. Natürlich hatte es noch Dinge zu klären gegeben, aber den Entschluss, den Hutmacherladen zu übernehmen, hatte davon nichts ins Wanken bringen können. Emma war von der Entwicklung komplett überrollt worden, und jetzt musste sie sich an eine völlig neue Umgebung gewöhnen, die so gar nichts mit der alten Heimat gemein zu haben schien.
Die Wanderung zur Gruber-Alm hatte ihre Mutter vorgeschlagen. Sie hatte gemeint, jetzt, wo sie in den Bergen lebte, sollte Emma die Natur ringsum auch erkunden. Emma hatte keine rechte Lust gehabt, sie litt noch viel zu sehr unter der Trennung von den alten Freundinnen in Dortmund, um neugierig zu sein. Trotzdem hatte sie schließlich zugestimmt, in der Hoffnung, dass die Wanderung sie ein wenig ablenken würde.