Autorenseite René Bote

Der Cache von nebenan

Cover des Buchs Der Cache von nebenan
1. Mai 2022
33
978-3756201815
Books on Demand

Der Plan für die Geburts­tags­party von Sannes kleinem Bruder steht: Geo­caching im Wald und zum Ab­schluss Grillen. Zusam­men mit ihrer Mutter hat Sanne die Strecke fest­gelegt, Ver­stecke ausge­sucht und Rätsel erdacht. Ganz sicher werden Kasper und seine Freunde irre viel Spaß haben!

Doch dann durch­kreuzt ein scheint’s wahn­sinni­ger Auto­fahrer die Pläne. Mit einge­gipstem Arm und kaput­tem Knie kann Sannes Mutter weder die Kinder beglei­ten, noch den Grill auf­bauen oder den Tisch decken. Notge­drungen über­nimmt Sanne die ganze Verant­wortung, aber allein ist die Feier kaum zu stemmen. Das weiߟ auch Sannes Mutter, und sie hat sich bereits um jemanden geküm­mert, der Sanne unter­stützt. Zum Glück nicht Tante Inga, die Sanne nicht leiden kann, aber der Junge von nebenan wäre Sanne auch nicht direkt einge­fallen. Trotz­dem ist Nicolai nicht bloߟ ein Not­nagel …

E-Book €0,99

Autorenplauderei: Geo­caching

Geo­caching ist eine moderne Version dessen, was frühere Genera­tionen als „Schnitzel­jagd“ kannten. Anhand von Geo­koordi­naten (das sind Zahlen­kombina­tionen, mit denen sich jeder Punkt auf der Erde exakt angeben lässt), wird das Ver­steck eines soge­nannten Caches (im Deut­schen meist „Schatz“ genannt) gesucht. In der Regel liegt im Ver­steck ein Notiz­buch, in das man sich als Finder ein­tragen kann, und eine kleine Schatz­kiste mit irgend­welchem Klein­kram. Wer den Cache findet, nimmt sich eine Beloh­nung aus dem Schatz­kist­chen, legt dafür aber auch selbst etwas hinein, sodass niemand leer ausgeht. Manch­mal gibt es in einem Cache auch neue Koordi­naten, die den Finder oder die Finde­rin zu einem weite­ren Cache führen.

Manche Geo­cacher haben spezi­elle Geräte, um sich zu den Koordi­naten führen zu lassen, aber Smart­phone-Apps tun es auch, im Prinzip sogar eine normale Navi-App, wenn sie mit Koordi­naten umgehen kann. Wo Caches zu finden sind, kann man auf vielen Inter­net­seiten nach­lesen, auf denen Caches aufge­listet sind, oft nicht nur mit den Koordi­naten, sondern auch mit Be­schrei­bungen des Gelän­des und des Weges. Das sollte man sich auf jeden Fall an­gucken, denn manche Ver­stecke sind nicht ganz unge­fähr­lich. Auch wenn der Groß­teil der Geo­cacher, die selbst Caches anlegen, die Ver­stecke mit Bedacht aus­wählt, gibt es leider auch einige, die Caches an ris­kanten Orten ver­stecken, an denen man sich ver­letzen kann, oder an Orten, die eigent­lich nicht betre­ten werden dürfen.

Alles in allem ist Geo­caching aber ein perfek­tes Hobby für Leute, die gern draußen unter­wegs sind und Spaß daran haben, Rätsel zu lösen.

Zwangslage hieß auf Französisch „situation embarrassante“, ging es Sanne durch den Kopf. Seit acht Wochen lernte sie intensiv Französisch, seit ihre beste Freundin Lillith sie eingeladen hatte, in den Sommerferien mit ihr zu ihrer Tante in die Provence zu fahren. Zwar hatte sie schon seit drei Jahren Französisch in der Schule, trotzdem wäre sie verloren gewesen, wenn sie sich damit hätte durchschlagen müssen. Ihre Lehrerin war mit den Gedanken meistens woanders und schweifte immer wieder ab, so kam der Kurs mit dem Stoff einfach nicht voran.

Aber wahrscheinlich hatte sich die Frage ohnehin erledigt, obwohl die Karten für den TGV schon gebucht waren und Sanne sogar schon ein paar Sachen bereitgelegt hatte, die sie mitnehmen wollte. Zwei Wochen waren es noch bis zum Beginn der Ferien, und gleich am ersten Ferientag sollte es losgehen. Doch ein Typ, der sich für den König der Straße hielt, drohte alle Pläne über den Haufen zu werfen, ein Geschäftsmann, der sich für zu wichtig hielt, um sich an Regeln zu halten, und die Bußgelder für seine Raserei eingepreist hatte.

Aufs Gas zu treten, wenn vor ihm die Ampel von Grün auf Gelb und weiter auf Rot sprang, gehörte für ihn offensichtlich zum guten Ton. Doch damit hatte Sannes Mutter unmöglich rechnen können, als sie angesetzt hatte, die Straße zu überqueren. Die Fußgängerampel hatte bereits Grün gezeigt, der Autoverkehr also ganz sicher längst Rot gehabt. Nur mit einem Satz rückwärts hatte Sannes Mutter verhindern können, dass der Raser sie erfasste. Es gab genug Zeugen, die gesehen hatten, dass sie garantiert nicht bei Rot und ohne auf den Verkehr zu achten auf die Straße gelaufen war, wie der Typ behauptete.

Mit dem Sprung nach hinten hatte Sannes Mutter einen Zusammenstoß vermieden, der für sie leicht tödlich hätte ausgehen können. Vielleicht hätte sie sich sogar gar nichts getan, wäre nicht hinter ihr ein kleines Mädchen auf seinem Tretroller gewesen, das ebenfalls die Straße überqueren wollte. Sannes Mutter war über das Kind gestürzt, das hatte der Kleinen, die so gerade noch gestoppt worden war, ehe sie unters Auto kommen konnte, vermutlich das Leben gerettet. Bei der Landung auf dem Pflaster hatte Sannes Mutter sich den Arm gebrochen, und das rechte Knie war geprellt, sodass sie auch kaum laufen konnte.

Bis jetzt hatten Sannes Eltern noch nichts davon gesagt, dass der Urlaub mit Lillith ausfallen oder wenigstens verschoben werden müsste. Aber Sanne war sicher, dass das noch kommen würde, denn sie merkte ja, wie sehr ihre Hilfe im Haushalt gebraucht wurde. Sie hatte so oder so ihre Aufgaben, aber seit dem Unfall war viel dazugekommen, was sonst nicht in ihre Zuständigkeit fiel: Sie kochte das Essen, wusch Wäsche und erledigte vieles mehr, und das würde mit Beginn der Ferien nicht aufhören. Ihre Mutter würde bis dahin garantiert noch nicht so weit wiederhergestellt sein, dass sie den Haushalt wieder machen konnte.

***

Als ihre Mutter Sanne drei Tage nach dem Unfall nachmittags an die Seite nahm, war der anstehende Frankreich-Urlaub noch kein Thema. Stattdessen drückte ein anderes Problem, das zügig geklärt werden musste: der Geburtstag von Sannes Bruder. Kasper würde am nächsten Tag neun werden, und für den kommenden Samstag war eine Feier mit seinen Freunden geplant. Sannes Mutter stand nun genau vor dem, was Sanne in Gedanken ins Französische übersetzte, nämlich dem Dilemma, die Feier entweder um Wochen zu verschieben, vielleicht sogar bis nach den Ferien, damit alle Freunde dabei sein konnten, oder aber Sanne die gesamte Verantwortung aufzubürden.