Autorenseite René Bote

BFF

Best Friends‘ Fight

Cover des Buchs BFF - Best friend's fight
20. September 2019
75
978-3749481507
Books on Demand

Ellen ist neu in der Stadt, doch zum Glück findet sie schnell neue Freunde: Joris, mit dem man einfach jede Menge Spaß haben kann, und Lore, ihre Bank­nach­barin, die ihr das Schach­spielen bei­bringt. Doch warum ist Lore so reser­viert, wenn es um Joris geht? Und warum hat Joris keinen Blick für Lore übrig? Ellen gerät unfrei­willig zwischen die Fronten, und wenn sie nicht beide Freunde gleich wieder ver­lieren will, dann muss sie es schaffen, den Streit auszu­räumen. Schwierig, wenn ihr niemand sagen will, worum es eigent­lich geht…

E-Book €1,99

Autorenplauderei: Über BFF

Die Abkür­zung BFF ist eng­lisch und bedeutet eigent­lich Best Friends Forever, auf Deutsch: Beste Freunde (oder Freundinnen) für immer. Vor allem (um nicht zu sagen: fast nur) Mädchen und junge Frauen bezeich­nen damit ihre Unzer­trenn­lich­keit. Das ist auch genau das, was Ellen, die Heldin dieser Ge­schichte, sich wünscht, doch die Freund­schaften, die sie nach dem Umzug knüpft, sind alles andere als leicht mitein­ander zu ver­binden; eigent­lich schließen sie sich sogar gegen­seitig aus. Daraus leitet sich der Titel des Buches ab, der die berühmte Ab­kürzung etwas anders auf­schlüsselt. Best Friends’ Fight bedeutet über­setzt Streit der besten Freunde.

Die Schwebebahn ratterte durch die enge Straßenschlucht, vorbei an den oberen Stockwerken der Häuser. Unten auf der Straße schoben sich die Autos zäh durch den morgendlichen Berufsverkehr.

Ellen fuhr zum ersten Mal mit der Schwebebahn und betrachtete die vorbeiziehenden Fassaden mit einer Mischung aus Neugier und Bangen. Sie war neu in Wuppertal, und es gab keine Zeit, sich in Ruhe einzugewöhnen: Am Freitag war sie noch in der alten Schule in Leverkusen gewesen, und heute, am Montag, war ihr erster Schultag an der neuen Schule.

Eigentlich hätte sie schon in den Sommerferien umziehen sollen, und es wäre sicherlich entspannter gewesen, wenn sie gemeinsam mit ihren neuen Klassenkameraden ins Schuljahr hätte starten können. Doch der Umzug hatte sich verzögert, weil auch die Vorbesitzer des Hauses, das Ellens Eltern gekauft hatten, nicht wie geplant hatten umziehen können. Das ältere Ehepaar hatte seinerseits ein Haus an der See gekauft, weil der Frau, die irgendeine Krankheit an den Atemwegen hatte, das Klima dort besser bekam, und ein Handwerker war nicht rechtzeitig fertig geworden. Ob die Arbeiten, die er vor dem Einzug der neuen Besitzer hatte erledigen sollen, aufwendiger gewesen waren als gedacht, ob ihm Leute ausgefallen waren oder das benötigte Material zu spät geliefert worden war, wusste Ellen nicht.

Ellen hatte zwei jüngere Geschwister, Theo und Sarah, die wegen des Umzugs ebenfalls die Schule wechseln mussten. Am unglücklichsten war die Situation für Sarah, sie war sechs Jahre alt und gerade frisch in die Schule gekommen. In die Grundschule zu starten mit dem Wissen, dass es sich nicht lohnte, Freundschaften zu schließen, weil sie eh gleich wieder weg sein würde, stellte Ellen sich extrem blöd vor, noch schwerer als den eigenen Abschied, der auch nicht einfach gewesen war.

Ausgleichshalber durfte Sarah sich darüber freuen, dass sie zum ersten Mal ein eigenes Zimmer hatte. Bisher hatte sie sich ein Zimmer mit Theo teilen müssen, der knapp zwei Jahre älter war, und das zu ändern, war einer der Hauptgründe dafür gewesen, die alte Wohnung gegen ein Haus mit mehr Platz einzutauschen. Es hatte zuletzt schon immer wieder Konflikte gegeben, und das wäre im Lauf der Zeit bestimmt nicht besser geworden. Die unterschiedlichen Schlafenszeiten – Theo durfte eine halbe Stunde länger aufbleiben als Sarah – hatten zuletzt fast jeden Abend für Knatsch gesorgt, mindestens einmal in der Woche hatten sie sich gezofft, wer sich beim Spielen wie breit machen durfte, und wenn einer von beiden Freunde da hatte, hatte es auch immer wieder Streit gegeben. Das würde sich hoffentlich geben, wenn jetzt jeder sein eigenes Reich hatte, in das er sich zurückziehen konnte.

Ellen wusste das alles, aber begeistert war sie trotzdem nicht gewesen, als ihre Eltern verkündet hatten, dass sie ein Haus gefunden hatten, allerdings eben nicht in Leverkusen, sondern gut 40 Kilometer entfernt in Wuppertal. Das war zu weit, um jeden Tag zu pendeln, jedenfalls für eine Dreizehnjährige, auch wenn ihre Eltern nichts dagegen hatten, wenn sie ab und an mit dem Zug die alten Freunde besuchen fuhr. Sie musste also die Schule wechseln, auch den Sportverein, und sie würde neue Freunde finden müssen, mit denen sie nachmittags etwas unternehmen konnte.

Inzwischen hatte sie sich mit dem Gedanken angefreundet. Dass die alte Wohnung zu klein gewesen war, war Fakt, und sie bekam auch genug aus den Nachrichten mit, um zu verstehen, dass einem Wohnungen und Häuser im Moment nicht gerade nachgeworfen wurden. Sie mussten froh sein, überhaupt ein gepflegtes und gleichzeitig bezahlbares Haus gefunden zu haben. Das neue Domizil gefiel ihr, ihr neues Zimmer war auch etwas größer als das alte, das Haus hatte einen kleinen Garten, und wenn die häufigen Streitereien zwischen Sarah und Theo sich auf das zwischen Geschwistern wohl unvermeidliche Maß reduzierten, dann würde das auch ihre Nerven schonen.

Nachdem sie sich am Sonntag eingerichtet hatte, musste sie nun den ersten Schultag mit der neuen Klasse überstehen. Was das betraf, hätte sie es kaum unglücklicher treffen können, fand sie, denn die Klasse machte ausgerechnet an diesem Tag einen Ausflug zum Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland in Bonn. Schon vor der Klasse zu stehen als Neue, sich vorzustellen und darauf zu warten, dass der Lehrer ihr einen Platz zuwies, stellte sie sich peinlich genug vor, man sah ja auch immer wieder in Filmen, was für ein Desaster das war. Aber dabei gab es wenigstens feste Bezugspunkte, man hatte das Klassenzimmer und den Schulhof, und man musste nicht auf Biegen und Brechen sofort die ersten Kontakte knüpfen. Unglücklicherweise würde die Klasse auch noch mit dem Zug fahren, Ellen musste also zusehen, dass sie sich schnell genug zumindest ein paar Gesichter einprägte, damit sie nicht den Anschluss verlor und irgendwann allein in Bonn stand.

Natürlich hatte sie versucht, diese Klippe weiträumig zu umschiffen. Was sprach denn dagegen, wenn sie an diesem Tag zu Hause blieb und erst morgen an der neuen Schule startete? Aus Sicht ihrer Eltern sprach leider sehr viel dagegen, sie war schließlich schulpflichtig und sollte nicht gleich den ersten Tag als Fehlzeit im Zeugnis stehen haben. Eine Beurlaubung würde sie nicht bekommen, hatte ihre Mutter gesagt, und wenn sie sich krank entschuldigen ließ, dann würde sie vielleicht zu einem Arzt geschickt werden, der im Auftrag der Schule prüfte, ob sie wirklich krank war, genau wie jemand, der unmittelbar vor oder nach den Ferien fehlte und in Verdacht stand, einfach nur den Urlaub verlängert zu haben. Außerdem glaubte ihre Mutter, dass es auf einem Ausflug sogar leichter sein würde, mit den neuen Klassenkameraden ins Gespräch zu kommen, als in der Schule. Ellen wagte das zu bezweifeln, hatte aber auch keine stichhaltigen Argumente entgegenzuhalten gehabt, also musste sie mit nach Bonn.

Die Klasse sollte sich am Hauptbahnhof treffen, und zumindest den würde Ellen wohl ohne Schwierigkeiten finden. Die Schwebebahn fuhr ja direkt dorthin, und von der Haltestelle aus würde der Weg zu den Bahnsteigen hoffentlich ausgeschildert sein. Vielleicht wäre es keine schlechte Idee gewesen, sich die Sache vorher schon mal anzusehen, aber am Wochenende hatte der Umzug sie voll und ganz ausgelastet. Ihre Eltern hatten zwar ein Umzugsunternehmen bestellt, aber das hatte die Kisten natürlich nur ins Haus getragen und abgestellt. Ausgepackt hatten Ellen und ihre Eltern selbst, und Ellen hatte dabei nicht nur ihre eigenen Sachen in den Schränken und Regalen verstaut, sobald die aufgebaut gewesen waren, sondern auch mitgeholfen, in der Küche, im Wohnzimmer und in den Zimmern ihrer Geschwister Ordnung zu schaffen. Sarah und Theo waren dabei natürlich keine große Hilfe gewesen, die Eltern hatten sie zum Spielen in den Garten geschickt, sodass sie wenigstens nicht im Weg gewesen waren. Ellens Vater hatte in weiser Voraussicht das ganze Gartenspielzeug in eine Kiste gepackt, die er im Kofferraum des Familienautos mitgenommen hatte, damit Theo und Sarah bei der Ankunft am neuen Haus gleich etwas gehabt hatten, womit sie sich hatten beschäftigen können.

Eine Computerstimme verkündete, dass der nächste Halt der Hauptbahnhof sein würde. Ellen stand auf, schlängelte sich zur Tür durch und wartete, bis die Bahn zum Stillstand kam. Die Bahn schaukelte leicht, während die Fahrgäste ausstiegen, aber nicht so, dass Ellen dadurch ins Stolpern gekommen wäre. Sie ließ sich mit dem Strom zur Treppe treiben, und einen Moment später fand sie sich am Anfang einer Fußgängerzone wieder. Mit zwei Schritten zur Seite kam sie aus der Menge der Leute raus, die mit ihr ausgestiegen waren, und blieb stehen, um sich zu orientieren. Links von ihr erstreckte sich die Fußgängerzone, so weit sie gucken konnte, rechts von ihr verschwand die Straße in einer Unterführung. Das war auch die Richtung, die die meisten Fahrgäste der Schwebebahn eingeschlagen hatten, die Fußgängerzone blieb so lange vor der Öffnung der meisten Geschäfte weitgehend verwaist. Ein Schild oben am Anfang der Unterführung verriet dem Unkundigen, dass es unter der Straße durch sowohl zu den Gleisen, als auch zum Busbahnhof ging.

Als Treffpunkt war der Bahnsteig an Gleis 1 ausgemacht worden. Der Geschichtslehrer hatte Ellens Mutter am Telefon gesagt, dass er mit der Klasse dort warten würde, wo der Abschnitt C anfing, denn das Schild unter dem Dach, das den Beginn des Abschnitts markierte, war fast vom gesamten Bahnsteig aus zu sehen. Kopp hieß der Lehrer, mehr wusste Ellen noch nicht über ihn, aber zur Sicherheit hatte sie seine Handynummer eingespeichert.

Sie fand den Weg durch den Bahnhof ohne Schwierigkeiten. Doch als sie die Treppe zum Bahnsteig hinaufstieg, wurde das leichte Grummeln im Bauch, das sie die ganze Zeit schon verspürte, stärker. Ellen wollte es sich ungern eingestehen, aber ja, sie hatte Angst. Sie würde selbst jemanden finden müssen, der nichts dagegen hatte, dass sie sich im Zug dazusetzte, und sollte die Klasse in Bonn in Kleingruppen auf eigene Faust losziehen dürfen, dann würde sie auch sehen müssen, wem sie sich anschließen konnte.