Diese Geschichte ist ein Ratekrimi. Also aufgepasst, am Ende gibt es eine Frage zu beantworten. Findest du die Lösung?
„Ich fürchte, der verhungert!“, prophezeite Anette. „Abwarten!“, widersprach ihre gleichaltrige Cousine und beste Freundin Felicitas grinsend, und damit behielt sie recht. Schon als Anette vor ihr gespielt hatte, hatte sie den Eindruck gehabt, dass die Bahn ganz leicht zum Abschlag hin geneigt war. Ihr kam diese bauliche Ungenauigkeit jetzt zugute, nachdem der Ball nach ihrem Schlag das Ziel ganz knapp verfehlt hatte. Der Ball war am Ende der Bahn von der Bande abgeprallt und trudelte jetzt ganz langsam aufs Loch zu. Wäre die Bahn komplett gerade gewesen, dann hätte Anette mit ihrer Schätzung wahrscheinlich richtig gelegen. So aber kippte der Ball mit letzter Kraft über die Kante. „Yes!“, freute Felicitas sich. „Zwei!“ Den ersten Schlag hatte sie neben die Rampe gesetzt, die zur einzigen Öffnung im Hindernis an dieser Bahn führte.
Die beiden Elfjährigen hatten spontan beschlossen, den sonnigen Herbstmorgen im Oktober für eine Runde Minigolf zu nutzen. Sie spielten nicht oft, dementsprechend konnten ihre Ergebnisse nicht mit denen der Vereinsspieler mithalten, aber das störte sie nicht. Außerdem hatten die neben jeder Menge Übung auch bessere Schläger, mit denen sie das Tempo besser dosieren und die Bälle anschneiden konnten, und eine erkleckliche Auswahl verschiedenster Bälle. Anette und Felicitas mussten mit der üblichen Leihausrüstung auskommen, einfache Schläger mit Kopf aus Hartplastik und vier Bälle in einem Kunststoffkorb.
Sie hatten ihre Runde fast beendet, die Bahn, an der Felicitas gerade eingelocht hatte, war die viertletzte. Zwei Bahnen vor ihnen waren zwei Jungen, die ähnlich gut oder schlecht waren, je nach Sichtweise, auf jeden Fall war der Abstand die ganze Zeit über relativ gleich geblieben. Mal hatten Anette und Felicitas etwas aufgeschlossen, mal waren sie ein bisschen zurückgefallen, aber nie viel. Die Jungen waren etwas älter als die Cousinen, der eine zwölf oder dreizehn, der andere mochte vielleicht auch schon vierzehn sein.
Der Ältere schien ziemlich genervt zu sein, und es sah so aus, als wäre er nicht ganz freiwillig mit hier. Vielleicht hatten die Eltern darauf gedrungen, dass er etwas zusammen mit dem anderen machte. Felicitas hatte ihn mehrfach mit dem Schläger wütend in die Luft schlagen sehen, oder gegen eines der Hindernisse. Sie fand das ärgerlich, nicht nur, weil es peinlich war, zu sehen wie wenig er sich im Griff hatte. Vor allem wurden die Sachen nicht besser davon.
Immer wieder versuchte er, die Sache mit Tipps zu beschleunigen, wie der Ball am besten zu spielen war. Dabei war er selbst gar nicht so gut, hatte auch bei der Bahn, die er gerade spielte, zweimal auf kurze Distanz die eigentlich recht breite Öffnung verfehlt, durch die der Ball gespielt werden musste. Außerdem spielte der Jüngere anders, stellte sich nämlich im Gegensatz zu ihm – und auch zu Anette und Felicitas – immer auf der rechten Seite der Bahn auf statt links.
An der letzten Bahn hatten die beiden Jungen Schwierigkeiten. Die war allerdings auch nicht ganz einfach, wenn man nicht geübt war. Der Ball musste eine Rampe hinaufgespielt werden, die auf ungefähr drei Metern einen Meter Höhenunterschied überwand. Vor der Rampe war die Bahn auf ungefähr zwei Metern Länge normal, die Rampe dann aber nur noch zwei Hände breit. Man brauchte also genug Schwung, musste gleichzeitig aber auch genau zielen. Das gelang den Jungen nicht so recht, der ältere brauchte vier, der jüngere sogar fünf Schläge.
Dadurch schlossen Anette und Felicitas zu ihnen auf, denn die beiden Mädchen brauchten an der dritt- und vorletzten Bahn beide nur je zwei Schläge. Auf dem Weg, der die vorletzte mit der letzten Bahn verband, blieben sie stehen, mit ausreichend Abstand, um die beiden Jungen nicht zu stören. Der jüngere von denen übernahm gerade den Schläger und stellte sich in Position. Anette und Felicitas fiel auf, dass der zweite Schläger, den die beiden Jungen ausgehändigt bekommen hatten, auf der Bank neben der Bahn lag. Er war deutlich verbogen, und so hatte er bestimmt nicht schon ausgesehen, als die Jungen ihn in die Hand bekommen hatten; mit dem krummen Ding konnte man unmöglich spielen, in dem Zustand hätte der Mann an der Kasse den Schläger bestimmt nicht rausgegeben. So weit, wie der Kopf nach rechts zeigte, mussten die Hände ja fast schon einen Meter vor den Ball zeigen, bis der Kopf des Schlägers ihn traf.
Der Inhaber der Anlage war ganz und gar nicht erfreut, als er sah, was mit dem Schläger passiert war. „Den müsst ihr bezahlen!“, verfügte er. Anette und Felicitas bekamen das zwangsläufig mit, denn der Disput spielte sich nicht gerade leise ab. Außerdem waren sie auch an der letzten Bahn schnell fertig, Anette schaffte sie im zweiten Versuch, Felicitas schlug sogar ein Ass. Danach mussten sie ja auch ihre Schläger und Bälle zurückgeben, und der Mann bemerkte sie nicht gleich, weil er sich auf die beiden Jungen konzentrierte.
Der Ältere der beiden erwies sich als Freund von der Sorte, mit der man keine Feinde mehr brauchte, versuchte nämlich, die gesamte Schuld auf den Jüngeren abzuwälzen. Der wies das entschieden zurück, aber der Platzbesitzer war in erster Linie daran interessiert, den Schaden ersetzt zu bekommen; wie die Jungen das unter sich aufteilten, war ihm egal.
Selbst wenn er auf diese Weise immer noch die Hälfte bezahlen musste, machte der Ältere noch ein gutes Geschäft, schätzten Anette und Felicitas. Sie hatten ja gesehen, wie er sich aufgeführt hatte, auch wenn sie nicht mitbekommen hatte, wie der Schläger zu Bruch gegangen war. Als die beiden Jungen sich auf Geheiß des Platzbesitzers hinsetzten und ihre Namen und Adressen aufschrieben, waren auch die letzten Zweifel ausgeräumt. „Moment!“, sagte Anette und trat einen Schritt vor. „Ich glaube, er“, sie deutete auf den jüngeren der beiden Jungen, „sagt die Wahrheit. Er war’s wirklich nicht.“ „Bist du sicher?“, hakte der Inhaber der Anlage nach. „Hast du‘s gesehen?“ „Nein“, antwortete Felicitas anstelle ihrer Cousine. „Aber es liegt auf der Hand.“
Weißt du, warum Anette und Felicitas sich so sicher sind, dass der ältere Junge den Schläger kaputtgemacht hat, obwohl sie es nicht gesehen haben?
Auflösung