Autorenseite René Bote

Ich spiele nicht mit Jungen!

Cover des Buchs Ich spiele nicht mit Jungen!
27. Juli 2020
36
978-3751973281
Books on Demand

Trübe Aus­sichten für die Sommer­ferien: Weil die Kinder­frei­zeit an der Nordsee aus­fällt, muss Emma mit ihrer Mutter nach Berlin. Außer Emma gibt es nur ein Kind in der Reise­gruppe: Toni. Perfekt, meint Emmas Mutter, Emma und Toni sind gleich alt, da können sie doch zusam­men was unter­nehmen! Als ob Emma nichts Besseres zu tun hätte, als mit einem Jungen rumzu­hängen! Aber hat sie das wirk­lich, bei den lang­weiligen Erwach­senen­themen sonst? Und wenn sie ganz ehrlich ist – so übel ist Toni gar nicht …

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Autorenplauderei: Nicht zu viel ver­raten!

Manch­mal ist es gar nicht so leicht, als Autor den Mund zu halten. Das gilt nicht nur, wenn man mit anderen Menschen über sein Buch spricht, Menschen, die das Buch noch nicht gelesen haben und denen man natürlich nicht zu viel ver­raten möchte. Auch beim Schreiben hat man zwangs­läufig einen Wissens­vor­sprung dem Leser gegen­über, und je nach dem, wie man die Ge­schichte aufbaut, muss man wirk­lich höl­lisch auf­passen, dass man nicht ver­sehent­lich etwas davon zu früh ein­fließen lässt und damit dem Leser die Über­raschung nimmt. Aus Sicht des Lesers ist es zwar auch schön, wenn man am Ende sagen kann: „Wusste ich’s doch!“, aber dafür dürfen die Hin­weise auch nicht zu offen­sicht­lich sein.

Emma hatte sich bis zuletzt dagegen gesträubt, aber es half alles nichts: Sie musste mit nach Berlin. „Ich bin froh, dass das noch geklappt hat!“, sagte ihre Mutter. „Sonst hätte ich das auch noch absagen müssen, und ich glaube nicht, dass ich das Geld zurückgekriegt hätte.“

Emma war elf Jahre alt und ziemlich groß gewachsen für ihr Alter. Das kam sicherlich von ihrem Vater, der mit deutlich über 1,90 Meter auch sehr groß war. Er stammte aus Kenia, und von ihm hatte Emma auch die hellbraune Haut und das pechschwarze, leicht gekräuselte Haar. Wenn sie mit ihrer Mutter unterwegs war, dann dachten manche Leute, sie müsste adoptiert sein, obwohl in den Gesichtszügen die Ähnlichkeit zu erkennen war – wenn man sich eben nicht von der Hautfarbe in die Irre führen ließ. Ihre Eltern hatten sich getrennt, als sie drei Jahre alt gewesen war, und ihren Vater sah sie nur noch selten, seit er nach Stuttgart gezogen war.

Eigentlich hätte sie in den ersten beiden Wochen der Sommerferien mit einer Jugendgruppe an die Nordsee fahren sollen. Alles war schon fest gebucht gewesen, und Emma hatte sich gefreut auf Sonne, Strand und Meer mit anderen Zehn- bis Dreizehnjährigen. Auch ihre beste Freundin Joy hatte sich angemeldet für die Fahrt, und es wäre bestimmt ganz toll geworden.

Doch dann war irgendwas schiefgegangen, und der Veranstalter hatte die Fahrt absagen müssen. Irgendwas mit dem Haus, in dem die Gruppe hätte unterkommen sollen – abgebrannt oder eingestürzt war es wohl nicht, aber doch irgendwie kaputt, und so kurzfristig war kein Ersatz mehr zu bekommen. Die Eltern waren sogar gefragt worden, ob sie auch mit einem Ersatz weit entfernt vom ursprünglichen Reiseziel einverstanden wären, aber selbst das hatte die Reise nicht retten können.

Emma war todtraurig gewesen, als sie das erfahren hatte, und alle anderen, die sich angemeldet hatten, sicherlich auch. Für ihre Mutter war die Absage dagegen zu einem Riesenproblem geworden, denn sie hatte für sich selbst auch eine Reise gebucht: 9 Tage Berlin, eine Busreise mit vollem Programm vor Ort. Wo sollte Emma so lange bleiben? Allein zu Hause, das kam nicht infrage, dafür war sie noch zu jung, hatte ihre Mutter kategorisch entschieden. Zu Joy ging auch nicht, die wohnte einfach zu beengt, Emma eine gute Woche in ihrer Winzwohnung zu beherbergen konnte man weder ihr, noch ihren Eltern zumuten. Andere Freundinnen hatten mehr Platz, aber da kannte Emmas Mutter die Eltern nicht gut genug, um ihnen Emma so lange anzuvertrauen. Die Verwandtschaft wohnte ewig weit weg, und Emma hätte auch keine Lust gehabt, die Zeit dort zu verbringen.

In ihrer Not hatte Emmas Mutter das Reisebüro angerufen, bei dem sie ihre Reise gebucht hatte, und gefragt, ob auf der Berlinfahrt noch ein Platz frei war. Viel Hoffnung hatte sie nicht gehabt bei nur zweieinhalb Wochen Vorlauf, aber sie hatte Glück gehabt. Die Reise war nicht restlos ausgebucht, es waren noch Plätze frei, und die Zimmer im Hotel waren ohnehin alle Doppelzimmer, die auf Wunsch – und gegen Aufpreis – auch als Einzelzimmer vermietet wurden.

Emma konnte einerseits verstehen, dass ihre Mutter erleichtert war, dieses Problem gelöst zu haben. Außerdem glaubte sie, dass Berlin gar nicht mal so schlecht war. Aber auf der anderen Seite – als einziges Kind unter lauter Erwachsenen? In einer unbekannten Stadt würde sie bestimmt nicht viel auf eigene Faust unternehmen dürfen, und deshalb würde sie sich zu Tode langweilen, da war sie sicher.